Eigentlich sollte an dieser Stelle ein moderner Neubau mit verputzter Wand und Kunststofffenstern stehen. Auf Initiative von Jürgen Mündelein konnte es verhindert werden. Daraufhin kaufte Ralf Stoffels das Haus und sanierte es von Grund auf.
Auf dem Stadtplan von 1722 (nachgezeichnet 1807) ist schon als Nr. 70 eingezeichnet. Die blaue Farbe bedeutet, das es noch mit Schindeln aus Holz oder Stroh gedeckt ist.
Als einer der ersten Eigentümer eines Hauses an dieser Stelle ist 1698 Simon Jakob, ein jüdischer Pfandleiher genannt. Ohne Konzesion des Landesfürsten durften Juden eigentlich keine Häuser kaufen. Konnte aber ein Schuldner sein verpfändetes Haus nicht auslösen, ging es an Gläubiger über. Sein Sohn Meyer Simon musste es dann wegen seiner Schulden 1738 an Gottlieb Herz verkaufen. 1764 ging es dann dessen Sohn Herz Gottlieb über. Meyer ist hier ein hebräischer Vorname von meïr ‘erleuchtend’.
Im Heft 52 Beiträge zur Heimatkunde 2003 [9] findet sich ein Aufsatz von Diethard Aschoff über die ersten jüdischen Familien in Schwelm.
Herz Gottlieb schenkte es 1792 es seiner Adoptivtochter und ihrem Ehemann David Meyer. Aber nicht ohne sich „lebenslänglich besitz und erbnutzung“ vorzuhalten. Danach sollte das Haus dann 100 Jahre im Familienbesitz bleiben. Um 1800 wurden Juden zur Annahme eines festen Familiennamens verpflichtet. 1808 auch im ganzen Kaiserreich Napoleons, wozu Schwelm von 1807 bis 1813 gehörte. In dieser Zeit wurde dann sehr oft der Vornahmen Meyer zum Nachnamen.
Bis zum Bau der Synagoge 1819 wurden im Haus Gottesdienste der jüdischen Gemeinde abgehalten.
Um 1830 erwirtschaften die Söhne von David Meyer ihren Lebensunterhalt mit „Ellenwaarenhandel, Lotteriekollekteure“. Daraus entsteht wenig später das Bankhaus „„David Meyers Söhne“. In diesem Zusammenhang wurde wahrscheinlich um 1840 das Haus vergrößert.
Bei der Sanierung des Hauses ab 2002 wurde das kmpl. Fachwerk freigelegt. In der Mitte des Bildes sieht man daher sehr gut, dass das erste Obergeschoss deutlich erhöht und ein zweites Obergeschoss hinzu gekommen ist.
Die Familie Meyer und das Bankgeschäft zogen 1898 in die Schulstraße 7. Das Haus in der Kirchstraße wird verkauft.
Der Wikipedia-Artikel „Jüdischer Friedhof Schwelm „ erzählt aus der Geschichte der Familien in diesem Haus.
Im 20. Jahrhundert wechseln die Besitzer häufig.
1986 befand sich im Erdgeschoss ein Friseurladen und das Parteibüro „Die Grünen“
Adressbuch | Anschrift | Bewohner / Eigentümer* |
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(1698) | Simon Jakob; Simon Meyer | |
(1738) | Gottlieb Herz | |
1764 | Haus Nr. 67 Feuer Soci. catast. 92 | Witwe Ansel Herz; Jüdin, arm ein Sohn älter als 9 Jahre; Engelbert Hölcken Familie |
1810 | Haus Nr. 59 | David Meyer, Kaufmann David Meyer (10), David Herz (3); Levi Meyer (40); Levi Calmann (29); Moses Herz (15); Breuna David (14); Hanna David (11); Claerche David (8); Teschen David (5); Hindele Meyer (40) |
1938 | -/- | David Meyer Söhne, Ellenwaarenhandel, Lotteriekollekteure |
1873 | Kirchstraße 67 | Joseph Meyer, Banquier Söhne David Meyer, Bank-Geschäft |
1884 | Kirchstraße 67 | David Meyer, Banquier; Josef Meyer, Banquier |
1891 | Kirchstraße 13 | David Meyer's Söhne; Inh. Emil Meyer u. Joseph Meyer (E.Meyer wohnt in der Neustraße 14) |
1897 | Kirchstraße 13 | David Meyer's Söhne; Inh. Emil Meyer u. Joseph Meyer (E.Meyer wohnt in der Neustraße 14) Joseph Meyer wird als Vorsteher der Synagoge genannt. Elise Meyer; Magd (wohnte 1891 in der Kirchstr. 41) |
1898 | das Haus wird verkauft; das Bankhaus zieht in die Schulstraße 10 (heute 7 Amtsgericht) | |
1910 | Kirchstraße 7 | Walter Klein*, Kaufmann; Witwe Rudolf Klein; Adele Klein, Modistin; Ida Klein |
1926 | Kirchstraße 7 | Franz Stuhlmann*, Klaviermacher; Henry Stuhlmann, Anstreicher; Johann Diercks, Schlosser; Eugen Günther, Riemendreher |
1935 | Kirchstraße 7 | Witwe August Berghaus* und Gustav Berghaus*, Instrumentenhändler; Emma Berghaus Witwe; Johann Diercks, Schlosser; Eugen Günther, Riemendreher |
1938 | Kirchstraße 7 | Gustav Berghaus*, Instrumentenhändler; Emma Berghaus, Witwe; ; Johann Diercks, Schlosser; Eugen Günther, Fuhrmann |
1949 | Kirchstraße 13 | Emma Berghaus*, Witwe Franziska Berghaus, Händlerin; Johann Diercks, Arbeiter |
(1986) | Kirchstraße 13 | Frank Wiemer / Brit Wiemer / Elke Wiemer / Jürgen Okrongli |
(2002) | Ralf Stoffels |
Denkmalliste Schwelm Nr. 91
Kirchstraße 15